Betrieb

Wien: 15 Jahre ÖkoBusinessPlan

Im Jahr 1999 sind von der Stadt Wien zum ersten Mal Unternehmen ausgezeichnet worden. „Aber da gab es noch kein eigenes Beratungsangebot wie heute. Aktive Beratungen haben aber dann gleich ab 1999 begonnen“, berichtet Thomas Hruschka von den Anfängen. Er ist einer der MitarbeiterInnen im Programmmanagement (PM) des ÖkoBusinessPlan Wien (ÖBP), das in der MA 22, der Umweltabteilung der Stadt Wien, angesiedelt ist. 2014 geht der ÖBP in die fünfte Programmperiode. Hruschka kennt die Anfänge auch nur mehr aus der Überlieferung. Er ist seit 2003 hauptamtlich zuständig, all die Teilprozesse im Hintergrund am Laufen zu halten, damit am Ende des Programmjahres – üblicherweise im darauf folgenden Februar – die abschließende Auszeichnungsveranstaltung stattfinden kann. Die „Gala“ ist aber nicht nur Abschluss sondern gleichzeitig auch die Initialzündung für das nächste Programmjahr. „Die Gala und das mediale Echo sind ganz wichtig, weil in dieser Zeit die BeraterInnen die Unternehmen ansprechen, um sie zum Mitmachen zu bewegen“, so Hruschka. 

90 Prozent der teilnehmenden Unternehmen sind von den BeraterInnen dazu animiert worden. Nur zehn Prozent wenden sich direkt ans PM, etwa weil sie ein Problem haben und Rat suchen. Die BeraterInnen sind so eine unverzichtbare Säule im Programm. „Wir haben in unserem BeraterInnenpool immer 60 bis 70 Personen. Wer die Kriterien als Person erfüllt, kann sich registrieren lassen und muss dann nur einmal pro Jahr ‘aufzeigen‘, um drin zu bleiben“, erläutert Hruschka die Spielregeln. Die sind bewusst offen und neutral formuliert. Das hat sich bewährt. Interessanterweise sind im Schnitt immer nur 20 BeraterInnen aktiv. Offenbar schätzen diese aber, im Verzeichnis auf der ÖBP-Homepage aufzuscheinen. 

Das Programmjahr beginnt im Grunde noch vor der Gala damit, dass das PM alle BeraterInnen zusammenholt. „Das ist verpflichtend. Da wird dann alles durchgekaut, was wichtig ist“, so Hruschka. 

Teambildung

Eines, was besonders wichtig ist, ist der Fokus auf Teambildung und nachhaltige Verankerung des Themas im Unternehmen. „Das Thema darf nicht bloß an einer Person hängen. Ziel ist, das Know-how im Unternehmen zu halten. Drum ist uns die Bildung eines Umweltteams so wichtig“, erläutert Hruschka, worauf im ganzen Programm besonders geachtet wird, egal welches Beratungsangebot das teilnehmende Unternehmen gewählt hat. Das wird den BeraterInnen immer wieder mitgegeben, kommt bei den Feedbacks zum Tragen, wenn die Unternehmen ihre Berichtsentwürfe dem PM übermitteln und ist auch ein wichtiger Gesichtspunkt, unter dem die ÖBP-Kommission die Ergebnispräsentation der Unternehmen am Ende des Beratungsjahres beurteilt. 

Ein anderer wichtiger Grundsatz ist, dass nur Unternehmen ausgezeichnet werden können, die zumindest eine konkrete Maßnahme umgesetzt, die Einsparungen an Energie, Abwasser, Abluft oder Abwasser ausgewertet und in der Maßnahmendatenbank eingetragen haben. Das kann nur, wer tatsächlich umgesetzt hat. Unternehmen, die z.B. ein Umweltmanagementsystem nach ISO 14000 aufbauen, bekommen hier Probleme, wenn ihnen bloß die Zertifizierung wichtig ist. Eine solche kann man auch bekommen, ohne jemals eine konkrete Umweltverbesserung vorgenommen zu haben, eine Auszeichnung im ÖBP aber nicht. „Nun haben wir das auch beim Umweltzeichen praktisch umsetzen können“, freut sich Hruschka. Denn bisher war das dort nicht zwingend. Doch alle Betriebe wollen schlussendlich in der Maßnahmendatenbank – dem Verzeichnis aller Unternehmen und Maßnahmen im ÖBP – aufscheinen. Und das geht nur mehr mit einer umgesetzten Maßnahme.

Ökoprofit

Das erfolgreichste Beratungsmodul im Programm ist ÖKOPROFIT. Das sieht man deutlich an den konkret umgesetzten Maßnahmen und erzielten Einsparungen. ÖKOPROFIT war gleich von 1998 weg Bestandteil des ÖBP-Angebots. ÖKOPROFIT geht auf die aus den Niederlanden kommende Initiative PREPARE (Preventive Environmental Protection Approaches in Europe – www.prepare.at ) zurück, die über innerbetriebliche Optimierungen die betrieblichen Umweltwirkungen reduzieren und gleichzeitig Kosten sparen will: Das Umweltamt Graz hat das zum Beratungsansatz ÖKOPROFIT verdichtet, der mittlerweile auch von anderen Bundesländern erfolgreich angeboten wird. ÖKOPROFIT lehrt das Handwerkszeug. Immer wieder zeigt sich, dass es sich auch für Unternehmen, die EMAS oder ISO 14 000 umsetzen wollen, empfiehlt, vorher mit ÖKOPROFIT zu beginnen. 

Wie bei allen anderen Beratungsangeboten beginnt auch für ÖKOPROFIT-Betriebe das Programmjahr mit den Basis-Workshops im März. „Die sind mittlerweile für alle Beratungsangebote verpflichtend“, erläutert Hruschka das Konzept, den Austausch unter den Unternehmen und zwischen den Beratungsangeboten noch weiter zu fördern. Das soll die gemeinsame Linie in der Vielfalt an Angeboten deutlicher machen und den Unternehmen helfen, für sich den besten Mix zu finden. Während andere Angebote wie z. B. EMAS danach nur mehr auf individuelle Betreuung durch die BeraterInnen setzen, bietet ÖKOPROFIT weitere ganztägige Workshops, wo die TeilnehmerInnen lernen, die umweltrelevanten Daten in ihren Unternehmen zu erfassen und auszuwerten, sie auf mögliche Einsparpotenziale zu durchleuchten und Verbesserungsmaßnahmen auszuarbeiten und umzusetzen. Mit der Ausarbeitung der Berichte im Herbst geht für die Unternehmen der aktive Teil des Programmjahres zu Ende. Eine Besonderheit bei ÖKOPROFIT ist noch, dass es im November noch eine Vorkommission – mit detailliertem Feedback des PM an BeraterInnen und die Unternehmen – gibt. Im Dezember präsentieren dann alle Unternehmen ihre Ergebnisse im Rahmen der sogenannten ÖBP-Kommission, in der alle Partnerorganisationen im ÖBP – auch die AK Wien – vertreten sind und entscheiden, welche Unternehmen bei der Gala eine Auszeichnung erhalten sollen.

Die Gretchenfrage für ein Programm wie das des ÖBP ist natürlich die nach der tatsächlichen Wirksamkeit. Dass die Wirkungen groß sind, zeigen die kumulierten Einsparungseffekte, die das Programm seit 2000 erzielen konnte. Die Zahlen sind eindrucksvoll und gesichert. Hruschka ist stolz, dass der ÖBP 
nie vom Prinzip abgewichen ist, dass nur realisierte Maßnahmen eingetragen werden. Andere Programme begnügen sich mit geplanten Maßnahmen. Zudem sind Umwelteinsparungen konservativ gerechnet: „Alle Maßnahmen werden nur auf zwei Jahre gerechnet“, erläutert Hruschka. Nur 
bei Energieeinsparungen gilt in Zukunft aufgrund der EU-Energieeffizienzrichtlinie Neues. Drum gibt es auch noch keine Gesamtbilanz für 2012. Denn die muss erst neu gerechnet werden.

Weitermachen

Dass fast die Hälfte der ausgezeichneten Unternehmen WiederauszeichnerInnen sind, ist auch eine Bestätigung des Programms. Hruschka fallen da sofort einige Vorzeigeunternehmen ein, die am ÖBP seit Jahren teilnehmen, wie z. B. EVVA, das Türschlösser herstellt, oder Multiprint, ein Leiterplattenerzeuger für Spezialanforderungen.

Doch was passiert mit den Unternehmen, die dieses Angebot zur Wiederauszeichnung nicht wahrnehmen? Die Wirtschaftsuniversität Wien ist 2006 im Rahmen einer Evaluation des ÖBP dieser Frage nachgegangen. „Wenn zehn bis 15 Prozent gesagt hätten, dass sie im Betrieb weiter machen, dann wären wir froh gewesen“, erinnert sich Hruschka. In der Befragung gaben aber 60 Prozent an, dass sie gelernt haben, wie es geht und dass sie das fortsetzen würden! Dennoch dürfte dem ÖBP noch lange nicht die Arbeit ausgehen, auch wenn die über 900 Unternehmen, die bisher teilgenommen haben, größtenteils zum Segment der Unternehmen mit 50 bis 200 MitarbeiterInnen gehören. Denn 55 Prozent der produzierenden Unternehmen mit über 100 Beschäftigten waren noch nicht dabei. In Zukunft werden auch vermehrt Dienstleistungsunternehmen teilnehmen – mit der Herausforderung, das Programm daran anzupassen.