Kommentar: Lasst die Kinder zu mir kommen

So steht es in großen Lettern über dem Schultor meiner Kinder. Blickt man etwas tiefer, weiß man auch gleich, wie sie in die Schule kommen: mit dem Tretroller. An die 100 Roller säumen den Eingangsbereich. Für eine Schule mit rund 200 SchülerInnen ist das kein schlechter Schnitt. Die Umwelt- und Verkehrspolitik jubiliert, wenn Kinder selbstständig mit dem Roller, statt begleitet im elterlichen SUV, in die Schule kommen. Nebenbei ist diese Selbstständigkeit ein wichtiger Schritt in der Entwicklung des Kindes.

Viele der Kids werden aber nicht wissen, dass sie damit „mit einem Fuß im Kriminal“ sind. Entweder weil es ihnen ihre Eltern aus pädagogischen Gründen verschwiegen haben, oder weil es die Erziehungsberechtigten selbst nicht wissen. Es ist nämlich verboten, Kinder unter zwölf Jahren unbegleitet auf dem Gehsteig fahren zu lassen. Sie müssen von Erwachsenen eskortiert werden. Der Sinn dieser Regelung ist schwer erkennbar. Lediglich bei Unfällen könnte es Auslegungen zu Lasten der (zu jungen) Kinder geben. Wobei gerade die Bedenken gegenüber dem Kindswohl oder dem Wohl anderer VerkehrsteilnehmerInnen ausgeräumt werden können; denn in Deutschland und in der Schweiz  funktioniert die Rollernutzung durch junge Kinder völlig legal und problemlos. Ebenso funktioniert die Nutzung in Österreich, nur halt illegal. Eigentlich ein gelebter Fall von lexdubia non obligat – ein zweifelhaftes Gesetz bindet nicht. 

Zu bereinigen wäre die Chose durch eine einfache Änderung in der StVO. Entsprechende Anträge wurden im Parlament eingereicht, nur werden sie seit Jahren vertagt statt umgesetzt. „Lasst die Kinder zu mir kommen und wehret es ihnen nicht“, geht das Bibelzitat übrigens weiter. Quasi als Aufruf an jene, die die Änderung im Sinne der Kinder verhindern, insbesondere an jene Partei für die es neben Traktoren, Gigalinern, schnittigen Pkw und der Himmelfahrt offensichtlich keinen Verkehr geben darf.