Interview mit der neu gewählten AK-Präsidentin Renate Anderl: Das AK-Zukunftsprogramm

Wieso hat die AK die Initiative „Wie soll Arbeit“ gestartet? 

Wir haben den Mitgliederdialog gemeinsam mit dem ÖGB aus einem ganz einfachen Grund geführt: Die Mitglieder bestimmen über unsere Arbeit und nicht die Politik: denn sie finanzieren die AK. Wir wollen unseren Mitgliedern noch mehr für das gleiche Geld anbieten. Der AK-Mitgliedsbeitrag beträgt bei einem mittleren Einkommen 7 Euro netto. Das ist ein relativ kleiner Beitrag, doch er erzielt eine große Wirkung: Durch die AK-Umlage werden sämtliche Beratungs- und Unterstützungsleistungen finanziert, ebenso die interessenpolitische Arbeit der AK. Eine Senkung könnte den Mitgliedern vielleicht zwei Euro im Monat ersparen, hätte aber zur Folge, dass sich das Leistungsangebot der AK verringern würde. 

Wie ist diese Initiative bei den Mitgliedern angekommen? 

Wir haben erreicht, dass aus „Wie soll Arbeit?“ der größte Dialog über die Zukunft unserer Arbeitswelt entstanden ist, den Österreich je gesehen hat: über eine Million Menschen haben sich an dieser Initiative beteiligt. Insgesamt gab es mehr als 3700 verschiedene Aktionen: in Betrieben, in Form von Straßenaktionen sowie bei Groß- und Fachveranstaltungen. Dazu kommen Dialoge auf Social Media, die Rückmeldungen über die Antwortkarten und vieles mehr. Überwältigend war nicht nur die große Zahl an Rückmeldungen, sondern auch die Qualität und die Tiefe, mit der der Dialog geführt wurde. Das Feedback, das wir bekommen haben, zeigt unmissverständlich, was den Beschäftigten in unserem Land unter den Nägeln brennt. Die Dialog-Initiative ist zwar nun zu Ende, aber den Dialog mit den Mitgliedern werden wir weiter intensiv führen. 

Was brennt den ArbeitnehmerInnen sprichwörtlich unter den Nägeln? Was erwarten Sie von der AK? 

Im Rahmen der Dialoginitiative haben wir auch gefragt, welche Leistungen der AK unseren Mitgliedern besonders wichtig sind. Hier wurden von sehr vielen Menschen folgende vier Punkte genannt: Aus- und Weiterbildung, Beratung bei Mietrecht und Wohnen, Pflege, die Altern in Würde möglich macht, und das Thema Digitalisierung. Deswegen haben die neun Länder-Arbeiterkammern gemeinsam ein Zukunftsprogramm mit noch mehr Leistungen ausgearbeitet. 

Wie sieht das AK-Zukunftsprogramm aus?

Unser Zukunftsprogramm folgt dem Prinzip: mehr und verbesserte Leistungen für das gleiche Geld. Das Herzstück des Programms ist eine Digitalisierungs-Offensive. Dafür nehmen wir in den nächsten fünf Jahren 150 Mio. Euro in die Hand, die in zwei Fonds fließen sollen. Zum einen wird ein Qualifizierungsfonds für unsere Mitglieder zur Unterstützung der Weiterbildung eingerichtet. Das Geld kann für Kurse, Lehrgänge und Teilnahmegebühren oder auch als Beitrag zu den Lebenshaltungskosten in Form eines Stipendiums bei einer Verringerung der Arbeitszeit oder bei einer Karenzierung verwendet werden. Denn je höher das Qualifizierungsniveau, desto höher das Einkommen und desto geringer das Risiko, arbeitslos zu werden. Zudem soll ein Projektfonds „Arbeit 4.0“ zur Förderung von Projekten und Ideen kommen, die neue Arbeitsplätze schaffen und Arbeitsbedingungen verbessern. Unser Ziel ist es eine optimale Gestaltung der Digitalisierung im Sinne der ArbeitnehmerInnen zu erreichen.