Editorial: Umwelt und Markt

Wer fragt sich eigentlich, was die Freiheit der Märkte mit der Freiheit der Menschen zu tun hat? Oder, ob es noch Werte gibt, die nicht automatisch mit einem Preisschild versehen sind? Die neoliberale Gehirnwäsche ist längst auch in der Umweltpolitik und im Naturschutz angekommen und verbreitet sich wie ein Virus in allen Medien und Köpfen. Die Wirtschaft hat es satt, sich mit Schutzbestimmungen und nervigen Regulierungen im Umweltrecht herumzuschlagen, da ist es doch viel besser, neue Märkte und „innovative Finanzinstrumente“ auch im Umweltbereich zu schaffen. Wenn schon Regeln, dann bitte solche, die die private Wirtschaft selbst definiert und mit freiwilligen Zertifizierungssytemen kontrolliert. Wozu noch Parlamente? Dem Handel mit Verschmutzungsrechten und der „Green Economy“ gehören die Zukunft. Dass es Grenzen der Monetarisierung in der Vermarktung der Umwelt gibt, wird ausgeblendet, weil es die Profitabilität des Geschäfts stört.

Doch die Grenzen liegen in der Unsicherheit künftiger Schäden und Nutzen, in der fehlenden – von der Ökonomie immer vorausgesetzten vollständigen – Information über Kosten und ökologische und soziale Zusammenhänge sowie in der Blindheit gegenüber den Bedürfnissen künftiger Generationen. Ganz abgesehen davon, dass ethische Werte nicht monetarisierbar oder Menschenrechte unveräußerlich sind. Vor allem haben all jene keine Stimme, denen das Geld fehlt, um in diesen neuen Märkten, in denen Umweltgüter und letztlich ihre Gesundheit und Zukunft veräußert werden, mitzubieten. Verteilungspolitische und soziale Fragen werden einfach ausgeblendet, demokratische Prozesse ausgehebelt. Aber nicht nur Menschen, sondern erst recht Tiere, andere Lebewesen und Ökosysteme haben in Umwelthandelssystemen keinen Platz.  Artenvielfalt und Natur lassen sich nicht auf Geldeinheiten reduzieren. Es ist ja schon unmöglich, die Vielzahl sozialer und kultureller Bedeutungen von Biodiversität hinreichend zu begreifen. Wer den Handel mit dem Leben zulässt, wird rasch mit leeren Händen übrig bleiben.