Schwerpunkt

Luftverschmutzung

Interview mit Klara Zwickl von WU Wien : Luftemissionen der Industrie

Was sind die wichtigsten Ergebnisse Ihrer Analysen?

Zwickl: Meine Co-Autoren und ich finden, dass arme Haushalte und ethnische Minderheiten überproportional industriellen Luftschadstoffen ausgesetzt sind. Dies gilt nicht nur für die gesamten USA im Durchschnitt, sondern auch innerhalb einzelner Regionen und Städte. Im Gegensatz zur Belastung mobiler Emissionen, die sehr stark mit Bevölkerungsdichte zusammenhängen, sind industrielle Emissionen oft in so genannten „hot spots“ konzentriert, wo es überproportional viele sozial benachteiligte Haushalte gibt. Wir analysieren die Kategorien Einkommen und Minderheitenstatus, weil es in den USA Gesetze gibt, die Umwelt-ungerechtigkeit nach diesen beiden Kriterien untersagen und deshalb die Regierung zur Beseitigung dieser Ungleichheit verpflichten (sollte).

Wie kommt es zu dieser Ungleichverteilung zwischen Armen und Wohlhabenden, zwischen Weißen und Minderheiten?

Zwickl: Zwei Mechanismen sind in der Literatur inzwischen gut belegt. Auf der einen Seite können sich reichere Haushalte von industriellen Luftschadstoffen abschirmen, indem sie in Gegenden mit besserer Umweltqualität ziehen. In diesem Fall führt also Einkommensungleichheit zu räumlicher Segregation. Auf der anderen Seite haben reiche Haushalte besseren Zugang zu Information und verfügen über politischen Einfluss, wodurch sie z.B. die Ansiedelung neuer industrieller Betriebe verhindern oder sich bei den entsprechenden Behörden für höhere Auflagen einsetzen können. Deshalb siedeln Unternehmen oft gezielt ihre toxischen Produktionsstandorte in Gegenden an, wo sie sich am wenigsten politischen Widerstand erwarten.

Wie sieht die entsprechende Situation in Österreich aus?

Zwickl: Leider gibt es für Österreich mangels vergleichbarer Daten noch kaum Forschung zu Umweltgerechtigkeit. Allerdings ändert sich die Datenverfügbarkeit langsam und macht es zunehmend möglich, ähnliche Forschungsfragen, wie sie bereits seit 30 Jahren in den USA untersucht werden, zu analysieren. Eine große Chance stellt das seit 2007 verfügbare Europäische Schadstoff-Freisetzungs- und Verbringungsregister (E-PRTR) dar, im Rahmen dessen Industrieunternehmen mit Emissionen über einem bestimmten Schwellenwert dazu verpflichtet sind, jährlich ihre Emissionen zu veröffentlichen. 

Wo sehen Sie weiteren Forschungsbedarf zur Ungleichverteilung von Umweltbelastungen?

Zwickl: Einkommen und Minderheitenstatus haben sich als zwei wichtige Faktoren in den USA herausgestellt, das bedeutet aber nicht, dass es die einzigen relevanten Kriterien für Österreich sein müssen. Das gilt es zu erforschen. Außerdem gibt es neben industrieller Luftverschmutzung zahlreiche andere Umweltgefahren, die möglicherweise sehr ungleich verteilt sind. Aufgrund der stärkeren Bevölkerungsdichte wären für Österreich und Europa zum Beispiel Lärm oder mobile Emissionen interessant.