Interview: „Wir fahren gemeinsam“

Busfahrer:innen befinden sich 2024 erstmalig auf der Mangelberufsliste. Wie ist das zu erklären?  

Die Arbeitsbedingungen sind in den letzten Jahren einfach schlechter geworden. Der Arbeitsdruck hat für die Busfahrer:innen immer mehr zugenommen, beispielsweise durch kürzere Taktungen des Linienverkehrs. Für jüngere Fahrer:innen ist der Job unattraktiv, weil die Dienste bis zu 15 Stunden am Tag dauern und man teilweise 24/7 in der Woche unterwegs sein muss. Darunter leidet die Familie. 

Wie steht die Gewerkschaft vida zur Umstellung der Busflotte auf E-Mobilität?

Die Stadt Wien ist hier ein Vorreiter und die Einrichtung von E-Bussen ist im städtischen Bereich sicher sinnvoll. Wobei Oberleitungsbusse wie in Salzburg und anderen großen europäischen Großstädten geeigneter sind, da die E-Busse in Wien nur über die Oberleitung geladen werden. Das führt zu langen Ladezyklen. Gleichzeitig ist Wien auch Vorreiter bei Wasserstoffbussen. Ich bin bei E-Bussen eher skeptisch und halte Wasserstoffbusse für zukunftsweisender. Insbesondere im ländlichen Raum, wo einfach größere Distanzen mit dem Bus zurück­gelegt werden müssen. 

Gewerkschafts- und Klima­bewegung erkennen zunehmend die Notwendigkeit, aber auch die Chancen eines gemeinsamen Kampfes. Im Januar wurde das Bündnis „Wir fahren gemeinsam“ durch vida, AK und Klimaaktive gestartet. Wie kam es dazu und was sind die Forderungen?

Das war durchaus ein wenig ein Zufall. Ich habe die Klimaaktivist:innen beim ÖGB-Kongress im Juni 2023 persönlich kennengelernt. Dort haben wir ein Treffen bei der vida vereinbart, um die gemeinsame Interessenslage auszuloten. Die Kooperation in Deutschland von der ver:di mit Fridays For Future hatte ich mitverfolgt und mir gedacht, das ist eine gute Geschichte. Die vida fordert nicht erst seit kurzem den Ausbau des öffentlichen Verkehrs, sondern schon seit vielen, vielen Jahren. Dabei kann nicht genug betont werden: Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs funktioniert nur, wenn wir genügend Personal haben. Und genügend zufriedenes Personal! Ich kann gerne heute 5.000 Busse bestellen, aber wenn ich nicht 5.000 Fahrer:innen habe, dann wird dieser Wandel nie gelingen. Das gemeinsame Interesse von den Fridays, System Change und uns liegt im Ausbau des öffentlichen Verkehrs und guten Arbeitsbedingungen, die diesen erst möglich machen. In dieser Konstellation sollten dann auch gemeinsame Protestmaßnahmen möglich sein, wenn wir am Verhandlungstisch keine Einigungen erzielen. 

Nur wenn Green Jobs auch gute Jobs sind, kann der Umbau gelingen? 

Absolut. Da helfen auch keine Mangelberufslisten. Es gibt da gewisse Agenturen, denen die Busunternehmen 7.000 Euro pro Fahrer:in zahlen, damit die Agentur im Ausland nach geeigneten Fahrer:innen sucht. Das zeigt doch eindeutig, dass die Unternehmen bereit sind, Geld zu investieren. Aber warum nur für Mitarbeiter:innen aus Drittländern? Warum nicht in bessere Bedingungen in Österreich investieren? Diplomatisch ausgedrückt finde ich es sehr bedenklich, dass man anscheinend ausreichend Geld hat – und das sind übrigens öffentliche Gelder. Und diese Steuergelder buttert man in Agenturen für Mitarbeiter:innen, bei denen man nicht weiß, ob die bleiben werden, anstatt die Arbeitsbedingungen in Österreich zu verbessern.