Interview: Aktive Verteilungspolitik gegen die Inflation

Welche Auswirkungen hat der Krieg in der Ukraine auf die Inflation?



Die Preise für Gas und Treibstoffe steigen wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine mit hohen, zweistelligen Raten. Höhere Rohstoffpreise schlagen zeitverzögert auf die Inflationsrate durch, die im Februar bereits bei 5,9 Prozent lag und noch weiter steigen wird. Im Jahresdurchschnitt könnte sie bei  5 bis 6 Prozent liegen. Das hat negative Verteilungswirkungen: Rohstoffproduzent:innen und einige Energiekonzerne gewinnen, Verbraucher:innen verlieren.

Wer leidet am meisten unter der Inflation und welche Rolle spielt die gewerkschaftliche Lohnpolitik?


Der gewerkschaftlichen Lohnpolitik ist es bislang gelungen, die Kaufkraft zu sichern. Die Inflationsrate betrug im Durchschnitt der letzten 12 Monate 3,5 Prozent, die letzten Lohnabschlüsse lagen noch darüber. Mit steigender Inflation wird das allerdings immer schwieriger. Vor allem untere Einkommensgruppen und Armutsgefährdete müssen vor Inflation geschützt werden. Sie sind ohnehin in einer prekären sozialen Lage und wenden einen erheblichen Teil ihrer Ausgaben für Haushaltsenergie auf. 

Mit welchen Maßnahmen kann man die negativen sozialen Auswirkungen bekämpfen?



Mindestsicherung und Notstandshilfe für Langzeitarbeitslose sind nicht armutsfest – sie müssen kräftig aufgestockt werden, ebenso der Heizkostenzuschuss. Die Mindestlöhne für die unteren Lohngruppen sollten rasch auf 1.700 Euro brutto pro Monat angehoben werden. Damit Armut sich nicht verfestigt, gilt es in Kindergärten und Schulen zu investieren, die mit besonderen Herausforderungen kämpfen. Gesundheitsvorsorge und Pflegeleistungen müssen gezielt ausgebaut und die Sozialarbeit personell und finanziell gestärkt werden.

Ist die Inflation ein Problem für die österreichische Wirtschaft und würden höhere Zinssätze dagegen helfen?


Eine Gewinn-Preis-Spirale droht die hohen Energiekosten auf die Gesamtwirtschaft zu übertragen. Das gilt es zu verhindern. Drei Beispiele: Erstens, belasten höhere Energiepreise die Mieter:innen und als Folge steigen automatisch die Mietzahlungen an die Vermieter:innen. Das kann doch nicht sein. Zweitens, erhöhen Hotels und Gastronomie nach der Wiederanhebung der Mehrwertsteuer ihre Preise, obwohl sie die Mehrwertsteuersenkung 2020 gar nicht in niedrigere Preise weitergaben. Drittens, verdienen sich jene Energiekonzerne, die Wind- oder Wasserkraft nutzen, bei den hohen Strompreisen eine goldene Nase. Warum greift die Politik nicht ein? Hingegen hilft eine Anhebung der Zinssätze durch die Europäische Zentralbank nicht. Geldpolitik wirkt mit einer Verzögerung von mehr als einem Jahr, da ist die überhöhte Inflation hoffentlich bereits wieder vorbei. Höhere Zinsen schaden in einer ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Situation. Für die Lösung des sozialen Problems der Inflation sind Lohn-, Sozial-, sowie eine Klimapolitik, die uns unabhängig von fossilen Rohstoffen macht, viel besser geeignet.