Kommentar: Neoliberaler Lieferservice

Schon im Mai hat die Bundesregierung den Vorschlag unverändert als Regierungsvorlage dem Parlament übermittelt. Der Vorschlag ist übrigens wortident mit dem Initiativantrag, der im Sommer 2017 über Betreiben der Wirtschaft anlässlich der ablehnenden Dritte-Piste-Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts schon einmal im Parlament eingebracht worden ist. Er sollte das Bundesverfassungsgesetz über den umfassenden Umweltschutz entschärfen, damit Verkehrs- und Energieinfrastrukturprojekte nicht länger mit Umweltargumenten blockiert werden können, so die Behauptung.

Die Wirtschaft hat bestellt und die Regierung hat geliefert. Mit Vollgas und aller Kritik zum Trotz. Für eine öffentliche Aussprache zu den Begutachtungsergebnissen war auch keine Zeit. Wer als Stakeholder gehört wird, wird ja situationselastisch festgelegt.

Nun müssen sich die Regierungsparteien im Parlament um die nötige Verfassungsmehrheit bemühen. Man kann nur hoffen, dass es da auch um die Frage geht, inwiefern ein solches Staatsziel nützlich fürs allgemeine Beste ist.

Denn wie damit Planungssicherheit hergestellt und Verfahren beschleunigt werden sollen, erschließt sich nicht. Wenn die Politik besser steuern will, was bei Verfahren rauskommt, dann müssen vielmehr Gesetze wie das Luftfahrtgesetz den Behörden und Gerichten deutlich klarere Vorgaben machen. Doch zur überfälligen Modernisierung der Infrastrukturgesetze trägt das neue Staatsziel nichts bei.

Es bleibt nur die Symbolik, die es allerdings auch sonst in sich hat: Denn wirtschaftliche Grundrechte gibt es schon jetzt in der Verfassung, soziale Grundrechte dagegen nicht. Käme der „wettbewerbsfähige Wirtschaftsstandort“, wie ihn die Industrie versteht zusätzlich in die Verfassung, so könnte daraus ein Instrument zur Aushebelung sozialer Rechte und kollektiver Sicherungssysteme werden.