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Was taugt die Green Economy?

Die Green Economy ist nicht einheitlich definiert, umfasst aber im weitesten Sinne die Idee, Ökonomie und Ökologie auszusöhnen und betont dabei die Bedeutung der Umweltwirtschaft zur Erreichung von ökologischen als auch von ökonomischen Zielen. 

Die Grundidee der Green Economy beruht dabei auf der Überlegung, dass einerseits die Ressourcen und andererseits auch die Kapazität zur Schadstoffaufnahme der Erde begrenzt sind. Daraus wird die Notwendigkeit weitgehender Umweltmaßnahmen abgeleitet, wobei die derzeitigen Umweltprobleme auch als Begründung dafür dienen, dass große Investitionen in technologische Lösungen von Umweltproblemen, die wiederum viele Arbeitsplätze schaffen könnten, notwendig wären. 

Erwartungen

Durch die monetäre Bewertung von Umweltschäden (Internalisierung externer Kosten) sollen diese nicht nur vermieden, oder zumindest reduziert werden, sondern es sollen auch neue Märkte mit lukrativen Anlagemöglichkeiten und neuen Arbeitsplätzen entstehen. 

Befasst man sich allerdings näher mit der Green Economy so wird man schnell feststellen, dass sich die hohen Erwartungen an die grüne Wirtschaft weder erfüllen, noch erfüllen können. Außerdem stellt man fest, dass die Förderung der Green Economy auch negative Auswirkungen hat, wobei sogar deren Umweltnutzen fraglich ist. 

Ein erstes großes Problem des Konzeptes der Green Economy liegt bereits darin, dass diese nicht einheitlich definiert ist und diese Lücke von den verschiedensten Seiten dazu genutzt wird, ihre jeweiligen – oft wenig ökologischen – Interessen als umweltfreundlich und grün zu vermarkten.  So sehen sich etwa auch AtomkraftwerksbetreiberInnen und AgrospritproduzentInnen als Teil der wachsenden Green Economy, obwohl deren Umwelteffekte als negativ zu beurteilen sind.

Definitionen

Werfen wir einen Blick auf konkrete Definitionen, etwa die harmonisierte Eurostatdefinition der Umweltwirtschaft, so offenbaren sich weitere Probleme des Konzeptes. In dieser Definition umfasst die Umweltwirtschaft alle Unternehmen bzw. Unternehmensanteile, deren Hauptzweck im Umweltschutz liegt, wobei dieser über die „technical nature“ des Produktes, oder der entsprechenden Dienstleistung definiert wird. Diese Abgrenzung ist naturgemäß eine eher weiche mit teilweise fließenden Übergängen. So gilt die Pflege von Rasenflächen für Sportzwecke nicht als Teil der Umweltwirtschaft, die Pflege von Naturwiesen aber sehr wohl, wobei im Einzelfall die Entscheidung welcher Wiesentypus vorliegt durchaus schwierig sein kann. 

Dabei wird die Größe der Umweltwirtschaft fälschlicherweise leider oft als Indikator für Erfolge im Umweltschutz betrachtet und der Ausbau der grünen Wirtschaft ebenso fälschlicherweise mit ökologischem Fortschritt gleichgesetzt: Steigt der Anteil der Umweltwirtschaft, verbessert sich die Umweltsituation, sinkt der Anteil der Umweltwirtschaft, so verschlechtert sich die Umweltwirtschaft, denken viele. Da weite Teile der Stromversorgung, die gesamte Abfallentsorgung, aber auch Teile der Automobilindustrie (etwa aufgrund der Produktion von Rußpartikelfiltern oder Müllwägen) der Green Economy zugerechnet werden, bedeutet eine wachsende grüne Wirtschaft aber nicht automatisch auch ökologischen Fortschritt. Das Wachsen der Umweltwirtschaft kann auch einfach auf mehr Abfall, einen höheren Energieverbrauch oder mehr Verkehr zurückzuführen sein. In der Tat erhöht jeder bzw. jede, der bzw. die den umweltfreundlichen öffentlichen Verkehr vermeidet und stattdessen das Auto benutzt den Anteil der Umweltwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt (BIP). Daher gibt auch unter anderem die Statistik Austria, die den Anteil der Umweltwirtschaft für Österreich erhebt, offen an, dass die Größe der Umweltwirtschaft kein geeigneter Indikator für den Zustand der Umwelt eines Landes ist. 

Nun wäre es aber ein Irrtum zu glauben, diese Problematik läge an einer schlechten Definition. Vielmehr ist die Problematik der unklaren Umwelteffekte der Green Economy systemimmanent und muss in jeder Definition der grünen Wirtschaft auftauchen. Die Umweltwirtschaft hat nämlich das selbe Problem, wie das BIP, dessen Teil sie ist. Die Umwelteffekte der Green Economy hängen immer vom Alternativszenario ab, mit dem die Umwelteffekte verglichen werden. Dies kann am besten anhand eines Beispiels verdeutlicht werden: Der Kauf eines umweltfreundlichen Autos ist umweltfreundlicher, als der Kauf eines gewöhnlichen Autos, aber weniger umweltfreundlich als die Verwendung des öffentlichen Verkehrs. Das Recycling von Abfall ist umweltfreundlicher als die Deponierung, aber weniger umweltfreundlich als überhaupt keinen Abfall zu produzieren. Trotzdem erhöht der Kauf eines umweltfreundlichen Autos, wie auch das vermehrte Recycling von Abfall in jedem Fall unabhängig von der jeweiligen Alternative den Anteil der Green Economy. Eine grüne Wirtschaft kann daher logischerweise immer nur der Weg zur Erreichung eines Ziels, z.B. das einer sozial und ökologisch gerechten Gesellschaft), aber nie das Ziel einer Gesellschaft selbst sein. Trotzdem ist natürlich vieles was im Rahmen der Umweltwirtschaft passiert aus ökologischer Sicht sinnvoll.

Fragliche Auswirkungen

Neben den fraglichen ökologischen Auswirkungen der grünen Wirtschaft ist ebenso zu kritisieren, dass Verteilungs- und soziale Fragen aus diesem Konzept vollkommen ausgeblendet werden. Daher ist die Green Economy auch nicht nachhaltig, denn das Konzept der Nachhaltigkeit umfasst eben nicht nur ökonomische und ökologische, sondern auch soziale Aspekte.

Dies ist besonders gut zu beobachten, wenn unter dem Namen der Green Economy neue Arbeitsplätze geschaffen werden, die zwar teilweise helfen die Umwelt zu schützen, dafür aber oft sehr schlechte Arbeitsbedingungen aufweisen und teilweise so bezahlt sind, dass man davon nicht leben kann. Vollends absurd wird es, wenn unter dem Label der Green Economy Arbeitsplätze mit die Gesundheit gefährdenden Arbeitsbedingungen beworben werden. Erfreulicherweise wurde die AK-Kritik an Green Jobs mittlerweile teilweise umgesetzt (Siehe Kästen Seite 19 und 20).

Die Ausgrenzung von Verteilungsfragen aus dem Konzept der Green Economy ist aber auch deshalb skeptisch zu sehen, weil Umwelt- und Verteilungsfragen in einem sehr engen Zusammenhang stehen. So sind eben auch Umweltbelastungen ungleich verteilt, wobei sozial benachteiligte Personen nicht nur global, sondern auch in Österreich tendenziell stärker von Umweltbelastungen betroffen sind. Dies liegt auch daran, dass sozial benachteiligte Personen oft über weniger Möglichkeiten verfügen, Umweltbelastungen zu vermeiden. 

Nachhaltigkeit gefragt

Sinnvoller als die Konzentration auf die Green Economy wäre es daher, soziale, ökonomische und ökologische Ziele gleichermaßen zu verfolgen. Denn die einseitige Fokussierung auf einzelne gesellschaftliche Ziele wird immer zulasten der unberücksichtigten Ziele, in diesem Fall also sozialer Ziele, gehen. Daher sollte insbesondere Maßnahmen der Vorzug gegeben werden, die sich positiv auf ökonomische, ökologische und soziale Probleme auswirken. 

Optionen, dies zu tun, gäbe es viele: Die Forcierung der Wärmedämmung und Investitionen in den öffentlichen Verkehr wären etwa Möglichkeiten, Umweltinvestitionen mit der Schaffung von nachhaltigen und umweltfreundlichen Arbeitsplätzen zu verbinden. Zudem hätten Arbeitszeitverkürzungen bei vollem Lohnausgleich ebenso wie verstärkte Umverteilung positive ökonomische, ökologische und soziale Auswirkungen.