Betrieb

Umweltschutzpreis 2017 für Böhringer-Ingelheim

Der Umweltschutzpreis der Stadt Wien ist eine Plattform, um unternehmerisches Engagement für die Umwelt einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen. Damit soll ein Anreiz für Betriebe gesetzt werden, umweltrelevante Maßnahmen zu setzen. 2017 wurde Boehringer Ingelheim für sein Mobilitätsmanagement ausgezeichnet. Das Unternehmen wird seinen Standort in Wien in den kommenden Jahren stark erweitern und damit rund 500 neue Arbeitsplätze schaffen. Der Neubau reduziert deutlich die bisherigen Flächen für Parkplätze, Boehringer Ingelheim investiert daher in ein umfassendes Mobilitätskonzept unter Einbeziehung der MitarbeiterInnen. Ziel ist es, die derzeitige Anreise von 53 Prozent PKW, 36 Prozent öffentliche Verkehrsmittel, 11 zu Fuß/mit dem Rad auf künftig 60 Prozent öffentliche Verkehrsmittel/Shuttlebus, 25 Prozent PKW und 15 Prozent zu Fuß/mit dem Rad umzustellen. Um den Umstieg auf Öffis attraktiv zu machen, finanziert das Unternehmen unter anderem einen Shuttle-Bus vom Bahnhof Meidling zum Unternehmen sowie beteiligt sich Boehringer Ingelheim an den Kosten für einen neuen Abgang bei der S-Bahn-Station Hetzendorf. Das Bus-Angebot wird sehr gut angenommen, wie Alexandra Dürnbeck, Betriebsrätin bei Boehringer Ingelheim, berichtet. Auch die Bauarbeiten beim Abgang Hetzendorf gehen zügig voran und die Eröffnung ist mit Herbst vorgesehen. Hier betont Dürnbeck die gute Zusammenarbeit mit den ÖBB, auch die Taktverdichtung beim vergangenen Fahrplanwechsel hat das Bahn-Angebot für die Pendler­Innen merkbar attraktiver gemacht. Vorgesehen ist auch die Erweiterung der bisher vorhandenen 140 Radabställplätze.  Bereits Anfang Juni konnte die Anzahl auf 200 aufgestockt werden, die  bei Bedarf weiter ausgebaut werden kann. Die bereits durchgeführten kostenlosen Rad-Services waren restlos ausgebucht. Es sei schwierig, so Alexandra Dürnbeck, Angebote zu schnüren, die für möglichst viele Kolleginnen und Kollegen attraktiv sind. Dass es bei 
Boehringer Ingelheim gut funktioniert, liegt ihrer Einschätzung nach daran, dass es ein eigenes Mobilitätsteam gibt, das sich um diese/dieser Aufgaben annimmt und zwischen den Beteiligten ein gutes Gesprächsklima herrscht. Betriebliches Mobilitätsmanagement braucht ihrer Erfahrung nach individuelle Lösungen und auch die Offenheit, Entscheidungen zu revidieren, wenn sich herausstellt, dass Maßnahmen in der Praxis nicht funktionieren. Insgesamt will das Unternehmen mit den Maßnahmen pro Jahr rund 690 Tonnen CO2 einsparen.

Weg = Zeit = Lebensqualität

Im Alltag kleinere oder auch größere Distanzen überwinden zu können, ist eine wesentliche Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen und sozialen Leben. Welche Fortbewegungsmittel dafür gewählt werden hat einen entscheidenden Einfluss darauf, wie ressourcenintensiv das Verkehrsgeschehen letztlich ausfällt und welche Umweltauswirkungen damit verbunden sind. Ein sehr wichtiger Grund mobil zu sein, ist die Erwerbstätigkeit. Etwa 25 Prozent aller Wege sind Arbeitswege. Die Statistiken zeigen, dass ArbeitnehmerInnen in einem zunehmenden Ausmaß gefordert sind, mobil zu sein. So hat zwischen 1991 und 2011 die Zahl der Erwerbstätigen um 16 Prozent zugenommen, die Zahl jener, die zum Arbeiten aus ihrer Wohngemeinde auspendeln, stieg mit 44 Prozent jedoch wesentlich stärker. Damit mussten 2011 rund 2,1 Millionen PendlerInnen aus ihrer Wohngemeinde auspendeln, um fast 650.000 mehr als 1991. 

Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass sich in diesem Zeitraum die Zahl der Teilzeitbeschäftigten mehr als verdoppelt hat, aktuell arbeitet fast jede zweite Frau in Teilzeit. 

Denn Pendeln kostet viel Geld und Lebenszeit, im Schnitt rund eine Stunde pro Arbeitstag und gerade für Personen mit geringeren Einkommen, wie Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte, sowie Personen mit Betreuungspflichten, fallen Zeitaufwand und Kosten für die Arbeitswege besonders stark ins Gewicht. Studien zeigen, dass es Menschen, die nicht oder nur eingeschränkt mobil sein können, schwerer haben, am Arbeitsmarkt unterzukommen bzw. ihre Qualifikationen auch umzusetzen. Vielbekannt ist das Schicksal von Frauen, die im regionalen Arbeitsmarkt keine Stellen finden, die ihrer Ausbildung entsprechen würden. 

Aus Sicht der ArbeitnehmerInnen steht damit fest, dass der Zugang zu Mobilität Chancen eröffnet, die sonst nicht gegeben wären. Die zweite Seite der Medaille ist allerdings, dass das Unterwegs sein Verkehr zur Folge hat und hat damit auch Auswirkungen auf die Umwelt.

Problemfelder sind Lärm und auch Emissionen von CO2, Stickoxiden, Feinstaub und in den Städten besonders brisant der Platzverbrauch. 

2015 war der Verkehrssektor mit 22,1 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent der größte Verursacher von Treibhausgas-Emissionen (ohne Emissionshandel). Bedingt durch den Anstieg der Fahrleistung (vor allem im Motorisierten Individualverkehr = MIV) verzeichnet der Sektor seit 1990 mit einer Emissionszunahme von 60% den höchsten Zuwachs aller Sektoren im Zeitraum 1990−2015. Ein Großteil der Emissionen, nämlich 12,3 Mio. Tonnen CO2-Äquivalent, entfiel auf den Personenverkehr auf der Straße (inkl. Busse und Zweiräder) und alleine der Straßengüterverkehr (leichte und schwere Nutzfahrzeuge) verursachte rund 9,5 Mio. Tonnen. Die restlichen Emissionen von rund 0,2 Mio. Tonnen sind auf Flug-, Schiffs- und Eisenbahnverkehr im Inland verteilt.

 Ein weiteres Problem, vor allem in Bezug auf die Überschreitung von Grenzwerten in urbanen Gebieten, stellen Stickoxide in der Luft dar. Hauptverursacher bei den Stickoxiden (NOX) ist der Straßenverkehr und hier insbesondere Dieselkraftfahrzeuge. 2015 wurden in 
Österreich ca. 132.000 Tonnen Stickstoffoxide emittiert, ca. 80.000 im Straßenverkehr. Dies ist fast um 30 Prozent mehr, als die im Emissionshöchstmengengesetz-Luft festgesetzte Emissionshöchstmenge von 103 Kilotonnen.

Für Städte, die in der Regel EinpendlerInnen-Zentren sind, stellt sich die Frage mit welchen Verkehrsmitteln die PendlerInnen in das Stadtgebiet kommen ganz besonders eindringlich. Denn die Flächen, die für die verschiedenen Nutzungsarten, wie Wohnen, Erholung oder auch Mobilität zur Verfügung stehen, sind begrenzt. Auf einer Fläche, die bei 50 km/h benötigt wird um 100 Personen im Auto zu befördern, können fast 340 Personen mit dem Fahrrad unterwegs sein, oder aber 900 Personen in Bussen bzw. sogar 1500 in Straßenbahnen transportiert werden. Und auch wenn die Fahrzeuge nicht genutzt werden, verbrauchen sie viel Platz. Ein einziges Fahrzeugt verstellt eine Fläche, deren Kauf in Wien derzeit zwischen 6.000 und 30.000 Euro kosten würde. Entscheidend ist aber, dass diese Fläche für die StadtbewohnerInnen verloren ist und für keine anderen Zwecke genutzt werden kann. 

Dies zeigt die enge Verknüpfung von Verkehrspolitik und Ressourcenverbrauch sowie mit der Lebensqualität der Bevölkerung. Die nationalen Strategien zur Eindämmung des Klimawandels sehen für 2030 beim Verkehrsbereich einen Zielwert von 15,7 Millionen Tonnen an THG Emissionen vor, das bedeutet eine Reduktion von 36 Prozent. Ein solch ambitioniertes Ziel heißt natürlich auch, dass auch Arbeitswege in Hinkunft klima- und ressourcenschonender abgewickelt werden müssen.  Auf dem Weg von und zur Arbeit legen die ÖsterreicherInnen rund 16 Milliarden Kilometer im Jahr zurück und stoßen dabei ca. 2,5 Millionen Tonnen CO2 und fast 7.000 Tonnen NOX aus. Würden alle ihre Arbeitswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen können, wären es nur 0,2 Millionen Tonnen CO2 und 2.000 Tonnen NOx. Anders gesagt: Jeder Pkw-Pendler, der auf den öffentlichen Verkehr umsteigt trägt zu einer Reduktion der CO2-Emissionen um 92 und der NOX-Emissionen um fast 80 Prozent bei. Bei dieser Gelegenheit sei darauf verwiesen, dass PendlerInnen in den Fahrzeugen auch selbst diesen Schadstoffen (also auch Feinstaub) in hohem Maße ausgesetzt sind.

Arbeitswege sind also nicht nur aus Sicht der Beschäftigten ein wichtiger Ansatzpunkt, wenn es um Leistbarkeit von Mobilität und die Reduzierung der Belastungen im Arbeitsleben geht, sondern auch ein bedeutender Hebel, um die berufsbedingte Mobilität ressourcenschonend abzuwickeln. Dies bringt Verbesserungen der Lebensqualität für große Gruppen der Bevölkerung.