Leben

Essen & ökologischer Fußabdruck

DSC_6485.jpg
In Österreich ist der Wunsch der KonsumentInnen nach gesunder, nachhaltiger Ernährung anhaltend groß. Produzenten, Verarbeitungsindustrie und Handel stecken Unsummen in „nachhaltiges Marketing“. Aktionen und Kampagnen von Firmen, aber auch von Ministerien, Interessenvertretungen oder NGOs, die „bewusst einkaufen“ oder „bewusst leben“, „So schmeckt ...“, „aus nachhaltigen Quellen“, „Genussregion“ und dergleichen propagieren, stärken die Nachfrage und das steigende Angebot diverser „Ökoprodukte“. Doch ist wirklich drinnen, was draufsteht? Was wissen wir über die Nachhaltigkeit, über den ökologischen Fußabdruck von Lebensmitteln? Welche Produkte sind besser als andere? Wie steht es um die Vergleichbarkeit der „grünen Güter“?

Umweltproduktinformationen sind – soweit sie über­haupt bekannt sind und soweit die KonsumentInnen überhaupt schon Zugang dazu haben, z.B. durch die neuen Technologien wie Smartphones, Apps usw. – noch sehr unübersichtlich, uneinheitlich und oft irrelevant, was das konkrete Informationsbedürfnis der KonsumentInnen betrifft. 

Undurchsichtig

Nicht nur die Vielfalt und der Wildwuchs der Gütesiegel verwirrt, auch deren mangelnde Transparenz, wofür sie stehen und deren unsachgemäßer Einsatz. So werden Gütesiegel oft bloß als Marketingvorteil gegenüber Konkurrenten gesehen. Viele Labels betrachten nur einen Ausschnitt des Produktlebens oder der Umweltauswirkungen.

Von 1990 bis 2013 sind die realen Konsumausgaben der privaten Haushalte in Österreich laut Statistik Austria um 41 Prozent bzw. von 76,3 Milliarden Euro auf 107, 4 Milliarden Euro gestiegen. Gegenüber 1976 sind die Konsumausgaben 2013 fast doppelt so hoch. Allein schon wegen der verbrauchten Mengen wird der Konsum zu einer Belastungsprobe für die Umwelt. Ökologisch besonders ins Gewicht fallen Mobilität, Wohnen, v.a. die Errichtung von Immobilien und deren Versorgung mit Wärme und Strom, sowie die Ernährung. 

Auf das Essen entfallen fast 30 Prozent der durch unseren Konsum verursachten Ökoschäden. In der Schweiz hat das Bundesamt für Umwelt (BAFU) errechnet, dass ein ausgegebener Franken für Ernährung dreimal soviel die Umwelt belastet wie eine Ein-Franken-Ausgabe für Möbel. Beim Essen und dessen Belastung für Mensch, Tier und Umwelt steht der Fleischkonsum besonders im Blickpunkt. Laut UNO-Welternährungsorganisation FAO wird bis zum Jahr 2050 die weltweite Fleisch- bzw. Getreideproduktion um 90 bzw. um 50 Prozent steigen. Das führt zu einem hohen Flächenverbrauch allein für die Futtermittelproduktion, weil fast 40 Prozent der weltweiten Getreide- bzw. 90 Prozent der Sojaernte an Tiere verfüttert wird. Das reduziert in den Entwicklungs- und Schwellenländern die dort verfügbare Agrarflache für den Eigenbedarf der Bevölkerung (www.umweltundenergie.at 1/14).

Belastungspunkte

Was kann ich einkaufen, ohne daran beteiligt zu sein, dass Umwelt oder Mensch während der Erzeugung und des Vertriebes Schaden erleiden? Wie kann beim Einkauf bewertet werden, ob Erzeugnisse nach Nachhaltigkeitskriterien hergestellt wurden und auch so entsorgt werden können? Wie kann man erkennen, ob Produkte ökologisch besser sind als andere?

Um zu einer kundenfreundlichen Umweltinformation für Produkte zu kommen, die auch einen schnellen Vergleich ermöglicht, hat das BAFU Standards zur Erstellung von Ökobilanzen entwickelt, die in „Umweltbelastungspunkten“ (UBP) gemessen werden. Diese sollen, basierend auf komplexen Hintergrundberechnungen, einfach vergleichbare und relevante Ökoinfos für die KonsumentInnen liefern. Der UBP bewertet einen bestimmten Aspekt eines Produktes, erfasst dessen sämtliche Material- und Energieflüsse, ermittelt die Umweltwirkungen während des gesamten Produktlebens und gewichtet seine Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, Ökosysteme und verfügbare Ressourcen. (www.bafu.admin.ch/magazin2012-1-20).

Ökobilanzen

Erst mit Hilfe vieler UBPs lässt sich eine Ökobilanz erstellen, die alle wesentlichen Umweltauswirkungen von Gütern und Dienstleistungen erfasst und bewertet. So kommt man z. B. für jedes Lebensmittel zu einer Gesamtpunktezahl (siehe Abbildung unten) und können in der Folge ökologische Schwachstellen erkannt und Verbesserungen vorgenommen werden. Der Hauptvorteil von Ökobilanzen ist die Erleichterung von Vergleichen. 

Mit Hilfe dieser Methode lassen sich Ursachen von Umweltbelastungen messen und anschaulich darstellen. So zeigt sich etwa der große Einfluss der Fleischwahl auf die Umweltbelastung im Vergleich von Pilzragout mit 300 UBP und Rindsragout mit 5.100 UBP pro Mahlzeit. Oder: Bohnen aus beheizten Gewächshäusern bei uns (ca. 310 UBO/Mahlzeit) schneiden fast genauso schlecht ab wie aus Ägypten eingeflogene frische Bohnen (ca. 380 UBP/Mahlzeit).

Es wäre wünschenswert, wenn auch in Österreich wissenschaftlich fundierte, einfach sichtbare Bewertungen von Umweltbelastungen von Lebensmitteln von unabhängiger staatlicher Stelle transparent für Kauf- und Konsumentscheidungen zur Verfügung stünden, anstatt in immer mehr Kampagnen bloß an das „grüne Gewissen“ zu appellieren.