AK-Studie: Klimaschutz und stadtregionaler Verkehr

Für Städte ist Dekarbonisierung kein unverbindliches Schlagwort. Eine in Ausarbeitung befindliche EU-Richtlinie („Clean Vehicles Directive“) sieht vor, dass in allen städtischen Ballungsräumen 50% aller Busse im öffentlichen Verkehr ab dem Jahr 2025 und 75% ab 2030 mit nicht-fossiler Energie betrieben werden müssen. Außerdem muss ab Mitte bis Ende der 2030er Jahre die Umstellung des Fuhrparks abgeschlossen sein, wenn die Klimaziele von Paris im Jahr 2050 erreicht und versunkene Investitionen vermieden werden sollen.

grafik_studie.gif

Diese Herausforderung war Anlass für eine Kostenabschätzung mit der Modellannahme, dass ab 2020 die Anzahl der gefahrenen Personenkilometer in Wien um 20 Prozent und den anderen Landeshauptstädten um 50% steigen wird, die hauptsächlich von Bussen, aber auch Straßenbahnen und U-Bahnen erbracht werden. Die Kosten lassen sich dabei in drei Kostenkategorien subsummieren. Dies sind Infrastrukturinvestitionen (Ladestationen, Oberleitungen und Unterwerke, Wasserstofftankstellen, etc.), Investitionen für Fahrzeuganschaffung (Ankauf von Bussen für den Mehrbedarf durch ÖV-Ausweitung bzw. Ersatzbedarf) sowie Transformationskosten (Einmalkosten der Umstellung, Werkstättenadaptierung, Personalschulungen, Planungskosten, etc.).

Die Studienautoren ermitteln so für den Zeitraum bis 2050 einen Mehrbedarf für die Dekarbonisierung des ÖV in den österreichischen Landeshauptstadtregionen (Angebotsausweitung und Umstellung der Antriebstechnologie) in der Höhe von 16 Mrd. € oder einen geglätteten jährlichen Mehrbedarf von 530 Mio. €. In der Grafik oben werden die Infrastrukturkosten (insgesamt 9,7 Mrd. €; ohne Betriebsaufwand für neue Angebote) für jede Landeshauptstadt aufgeschlüsselt dargestellt. Dieser Mehraufwand bedeutet bis 2050 jährlich ein zusätzliches Angebot von 135 Mio. „elektrifizierten“ Buskilometern. Für Straßenbahnen und U-Bahn sind demnach 25,5 Mio. Kilometer pro Jahr zusätzlich erforderlich. Vor allem aufgrund seiner Einsatzfähigkeit auf längeren Strecken im stadtregionalen Verkehr geht die Studie davon aus, dass der Großteil der Angebotsausweitung durch Wasserstoffbusse und nur in geringem Ausmaß durch Batterie- und Oberleitungsbusse erbracht werden wird. O-Busse sind in der Anschaffung teuer, weisen aber mit Abstand die niedrigsten Betriebskosten (50 ct/km) auf. Batteriebusse liegen sowohl in der Anschaffung als auch bei Betriebskosten (90 ct/km) im Mittelfeld. Gegenüber dem Oberleitungs- und Batteriebus hat der Wasserstoffbus dagegen die höchsten Betriebskosten (140 ct/km). Für ihn spricht aber die Reichweite und die damit verbundene Flexibilität beim Einsatz, sofern Wasserstofftankstellen verfügbar sind. Betont wird freilich aber auch ganz klar, dass das größte CO2-Minderungspotenzial nicht durch eine alternative Antriebstechnik, sondern durch die Verlagerung vom Pkw auf den öffentlichen Verkehr erbracht wird.

Aus den Zahlen ist ablesbar, dass die Städte und Gemeinden im Umland vor erheblichen finanziellen und organisatorischen Herausforderungen stehen. Die Dekarbonisierung des stadtregionalen Verkehrs in Österreich setzt daher eine langfristige Umsetzung voraus, die nur mit Planungssicherheit, verlässlich verfügbaren Fördermitteln und begleitenden Maßnahmen zur Verlagerung der Verkehrsströme gemeistert werden kann.

Download