Wirtschaft & Umwelt - Zeitschrift für Umweltpolitik und Nachhaltigkeit

Kontroverse: Fahrermangel im Transportgewerbe?

Pro: Der Beruf des LKW-Fahrers ist unterm Strich ein gut bezahlter Beruf. 

Der Beruf des Lkw-Fahrers hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten grundlegend gewandelt  Reichten früher ein entsprechender Führerschein und grundlegende Kenntnisse der Geografie, ist heutzutage der Beruf des Fahrers mit entsprechenden Anforderungen verbunden. Dies beginnt damit, dass die modernen Lkw richtige Hightech-Produkte geworden sind, das geht darüber hinaus jedoch auch bis zu rechtlichen Anforderungen, die der Fahrer bis ins letzte Detail kennen muss, um nicht bestraft zu werden. Vieles, was unter dem Titel des Arbeitnehmerschutzes verkauft wird, ist nichts als bloße Sekkiererei der Fahrer (Stichwort: Strafhöhen für Bagatelldelikte). 

Auch wenn derzeit die Arbeitslosenzahlen hoch sind, ist ein Trend erkennbar, wonach es für junge Menschen immer unattraktiver wird, den Beruf des Fahrers auszuüben, und ich verwehre mich dagegen, dies einzig und allein an der Bezahlung festzumachen. Denn der Fahrer-beruf ist unterm Strich ein gut bezahlter Beruf! Es sind die Rahmenbedingungen, die den Leuten die Lust am Lkw-Fahren verdirbt. 

In welchen Berufsfeldern gibt es dies, dass Menschen (sowohl Unternehmer als auch Lenker) in Ausübung ihres Berufes bei kleinsten Verfehlungen sofort wie Schwerverbrecher behandelt und abkassiert werden? Wie kann es sein, dass Fahrer in ihrer Flexibilität und in ihren Einsatzmöglichkeiten eingeschränkt werden und womöglich noch Wochenenden aufgrund von Arbeitszeitbestimmungen auf einem Parkplatz verbringen müssen, weil sie nicht mehr zu ihrer Familie heimfahren dürfen? 

Hier fordere ich eine dringende Umkehr im Denken bei der Gesetzgebung! Denn was möglicherweise gut gemeint ist für Fahrer, entspricht oftmals bei weitem nicht den Anforderungen der Praxis.

Con: Der oft behauptete Fahrermangel lässt sich aus Statistiken nicht feststellen.  

Die aktuellsten Zahlen des AMS weisen 1.694 arbeitslose LenkerInnen mit dem Berufswunsch „Lkw-LenkerIn“ bzw. 2.564 Arbeitslose mit dem Berufswunsch „Lkw-LenkerIn“ aus, von den ArbeitgeberInnen wurden allerdings nur 387 offene Stellen gemeldet. Im Mittel der letzten zwei Jahre kamen auf eine offene Stelle ca. 8,4 Arbeitslose mit dem Berufswunsch „Lkw-LenkerIn“. Es gäbe also ein ausreichendes Arbeitskräftereservoir! 

Liegt es vielleicht an der Attraktivität des Arbeitsplatzes, dass die Branche Nachwuchssorgen hat? Gibt es vielleicht nur deshalb zu wenige Arbeitskräfte, weil sie nicht bereit sind, zu den derzeit schlechten sozialen Bedingungen Lkw zu steuern? Studien belegen: Die Ausbildungskosten sind für NeueinsteigerInnen hoch, der Beruf selbst ist durch lange Abwesenheiten vom Wohnsitz familienfeindlich, die Arbeitszeiten sind lang und nur unter größtem Stress bewältigbar und die ganze Transportverantwortung tragen die LenkerInnen. 

Dem steht nur eine geringe Vergütung gegenüber: In einer AK-Befragung im Jahr 2012 gaben rund 50 Prozent der FahrerInnen an, über ein monatliches Nettoeinkommen zwischen 1.500 und 2.000 Euro zu verfügen. Die Praxis zeigt jedoch, dass davon allein Diäten und Überstundenabgeltungen zwischen 500 bis 900 Euro im Monat ausmachen.

In Deutschland stellen FachexpertInnen und selbst ArbeitgebervertreterInnen fest, dass das Ausbildungsengagement der Unternehmen erhöht werden sollte, dass Wertschätzung und Einsatzbedingungen des Fahrpersonals und letztlich auch die Entlohnung verbessert werden sollten. Nach diesem Vorbild ließe sich auch in Österreich der behauptete Fahrermangel wieder in den Griff bekommen.