Interview: Teuerung stoppen und Armut verhindern

Durch die Teuerung der letzten Monate wissen viele Menschen nicht mehr, wie sie ihre alltäglichen Ausgaben bewältigen können. In welchen Bereichen trifft das die Arbeitnehmer:innen am stärksten und wer ist besonders betroffen? 

Alle Bereiche, in denen jetzt die Teuerung voll durchschlägt, betreffen die Arbeitnehmer:innen: Lebensmittel, Wohnen, Energie, Verkehr. Kaum eine Arbeitnehmerin, ein Arbeitnehmer kann auf eines davon verzichten. Zu den besonderen Verlierer:innen zählen Arbeitslose, Alleinerzieher:innen, Prekär- und Teilzeitbeschäftigte. Knapp zwei Drittel der arbeitslosen Menschen können sich keine unerwarteten Ausgaben leisten.

Energie und Mobilität sind von Preissteigerungen am meisten betroffen. Reichen da die Maßnahmen der Regierung zur Entlastung der Bevölkerung? 
Wie sieht es mit der Sicherung von besonders niedrigen Ein­kommen aus?

Die Bundesregierung hat viel zu lang zugewartet und jetzt ein Paket vorgelegt, das zwar bemüht ist, aber nicht ausreicht. Das Paket wird dazu beitragen, die Folgen der hohen Inflation abzufedern. Auch dass die kalte Progression abgeschafft wird und Sozialleistungen an die Inflation angepasst werden, ist gut. Was aber fehlt sind Maßnahmen, die einen echten „Preise-runter-Effekt“ haben. 
Was uns auch wichtig war und leider nicht enthalten ist, sind Maßnahmen, die den Sozialstaat wirklich stärken und armutsfest machen würden.

Wohnen ist ein absolutes Grundbedürfnis, aber auch die Mieten steigen und es gibt es zu wenig leistbares Angebot. Welche Maßnahmen sind für die AK besonders dringend und wichtig? 

Schon zu Jahresbeginn war klar, dass wir ein Teuerungsproblem haben werden. Die Bundesregierung hätte die Erhöhung der Richtwert- und Kategoriemieten aussetzen können – hat sie aber nicht gemacht – wir haben das scharf kritisiert. Wohnen ist ein Grundbedürfnis und darf nicht zum Luxus werden. Deshalb fordern wir eine Mietpreisbremse. Und Wohnraum muss wieder für Wohnen zur Verfügung stehen und nicht zum Spekulieren. Eine Leerstandsabgabe wäre also dringend nötig. 

Manche Branchen und Unternehmen profitieren von steigenden Preisen.  Welche Vorschläge hat die AK, damit die Reichen und die Profiteure der Inflation sich stärker an der Finanzierung des Sozialstaats beteiligen?

Wir brauchen hier zwei Dinge: Die Energieunternehmen, die jetzt satte Gewinne machen, müssen das zurückgeben – in Form einer Sondersteuer auf Übergewinne. Mit der Not der Menschen Geld zu scheffeln, das geht gar nicht. Und es muss endlich ernsthaft diskutiert werden, wie die Vermögenden mehr zum Sozialstaat beitragen, denn er nutzt auch ihnen. Soziale Sicherheit und sozialer Frieden nutzen allen. Da kann es nicht länger sein, dass 
die Arbeitnehmer:innen und Konsument:innen den allergrößten Anteil zum Steuertopf beitragen. Das muss gerechter werden – und zwar rasch.