Wirtschaft & Umwelt - Zeitschrift für Umweltpolitik und Nachhaltigkeit

Kontroverse: Ist die Zeit reif für eine Senkung der Tempolimits?

Pro: Niedrigere Tempolimits vermeiden Unfälle, sind rasch und billig umzusetzen. Sie gelten für alle gleich und entlasten die Geldbörsen.

Der Straßenverkehr ist das Sorgenkind der Klimapolitik. Er ist der einzige Bereich, in dem seit 1990 die Treibhausgasemissionen ungebremst gestiegen sind. Ohne eine echte Verkehrswende sind die Klimaziele nicht erreichbar und die negativen Folgen betreffen die gesamte Bevölkerung. Dass niedrigere Tempolimits zum Klimaschutz beitragen, ist unbestritten. Aber beliebt sind sie nicht, obwohl in vielen europäischen Staaten langsamer gefahren wird als bei uns. Manche sehen sich durch Tempo 100 oder 120 bevormundet und eingeschränkt. Andere würden schon langsamer fahren, wollen aber nicht als Verkehrshindernis gelten, wenn sie die Einzigen sind.

Fakt ist, niedrigere Geschwindigkeitsgrenzen auf Autobahnen und Freilandstraßen sind im Gegensatz zu anderen Maßnahmen rasch und kostengünstig umzusetzen und haben vor allem keine negativen Verteilungseffekte. Sie gelten für alle gleich – egal ob arm oder reich. Weniger Emissionen bedeuten weniger Benzin oder Diesel je 100 km. Das entlastet gerade in Zeiten hoher Preise die Geldbörsen der Autofahrer:innen. Und außerdem reduzieren niedrigere Geschwindigkeiten die Unfallgefahr und sorgen für weniger Luftbelastung. Um die Akzeptanz von Anfang an zu erhöhen, scheint eine schrittweise Einführung gepaart mit strengen Kontrollen – auch der Lkw – sinnvoll.

Con:
Überzeugen ist besser als strafen. Mehr Bewusstsein für spritsparendes Fahren schaffen. 

Es ist unbestritten, dass man mit Tempo 100 statt 130 weniger Sprit braucht. Ein aktueller Vergleichstest des ÖAMTC zeigt: Unter Idealbedingungen lassen sich dadurch bis zu 
25 Prozent Spriteinsparen. Es ist allerdings ein Trugschluss, zu glauben, mit einer Reduktion des allgemeinen Tempolimits auf Autobahnen auf 100 km/h würde der Spritverbrauch in Österreich insgesamt um einen ähnlich hohen Wert zurückgehen. Bezieht man den Anteil von Autobahnen mit Tempo 130 am Gesamtverkehrsaufkommen und tatsächliche Durchschnittsgeschwindigkeiten mit ein, sinkt der Gesamtverbrauch durch Tempo 100 lediglich um 1 bis 3 Prozent. Zu demselben Schluss kommt auch das Umweltbundesamt. 

Braucht es wirklich ein Gesetz, das zu Tempo 100 auf Autobahnen verpflichtet? Aus Sicht des ÖAMTC: Nein, denn fast 90 Prozent der Österreicher:innen lehnen das ab. Es muss uns vielmehr gelingen, noch mehr Bewusstsein für spritsparendes Fahren und Alternativen zu schaffen: In einem Spritspar-Ratgeber haben wir kürzlich die wichtigsten Tipps zusammengefasst. Dazu gehören auch Maßnahmen wie Fahrgemeinschaften oder stärkere Öffi-Nutzung bzw. kurze Wege zu Fuß oder mit dem Rad zurücklegen. Das schont nicht nur die Geldbörse, sondern bringt auch unserer Umwelt mehr als jedes verordnete Tempolimit.