Leben

Lebensmittel ohne Gentechnik hergestellt

Werbung mit Gentechnikfreiheit – eine Selbstverständlichkeit? Mitnichten. Nur Produkte aus biologischer Landwirtschaft sind immer ohne den Einsatz von Gentechnik hergestellt – dies ist in ihren Richtlinien so festgeschrieben. Seit April 2004 gilt in der EU ein Gesetzgebungspaket über gentechnisch veränderte (GV) Lebensmittel und Futtermittel, das ein einheitliches und transparentes System für deren Zulassung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung enthält. Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) können so vom „Feld bis zum Teller“ nachverfolgt werden.  Lebens- und Futtermittel, die zu über 0,9 Prozent aus GV-Produkten bestehen (z.B. Soja in Schokolade, GV-Soja als Futtermittel), sind verpflichtend zu kennzeichnen. Erlaubt ist eine zufällige, technisch bedingte Verunreinigung mit GVO, sofern sie unter 0,9 Prozent liegt. Nicht gekennzeichnet werden müssen allerdings Produkte (z.B. Fleisch, Milch, Eier), bei denen das Tier mit GV-Futtermitteln gefüttert wurde. Daher werden Lebensmittel, die ohne GV-Futtermittel hergestellt werden, als „GV-frei“ speziell ausgelobt. 

GV-freie Produkte

Die ersten Produkte mit dem grünen „Gentechnik-frei erzeugt“-Zeichen Österreichs sind in den Supermärkten seit 1998 zu finden. Seither hat sich viel getan: 2009 hat die gesamte Milchbranche in Österreich auf GV-freie Futtermittel umgestellt. Erst seit dem verstärkten Export von Milch nach Deutschland verzichten einige der ProduzentInnen auf die GV-freie Fütterung. Bauern und Bäuerinnen, die für den österreichischen Markt Milchkühe versorgen, wirtschaften jedoch gentechnikfrei. Die Molkereien in Vorarlberg verzichten künftig auch auf GV-freies Soja aus Übersee und verfüttern an die Tiere nur mehr GV-freie Futtermittel aus Europa, andere Molkereien wollen nachziehen. In Österreich produzierte Milch als Ausgangsprodukt für Butter, Käse, Joghurt, Schlagobers etc. ist daher auch GV-frei hergestellt.  

Die österreichische Eier- und Mastgeflügelbranche (Huhn und Pute) verzichtet seit 2012 auf GV-Futtermittel. Bei der Eierproduktion wird zudem ausschließlich europäisches „GVO-freies Donau-Soja“ eingesetzt. Im Schweine- und Rinderfleischbereich sind KonsumentInnen, die GV-freie Produkte bevorzugen, noch immer vorwiegend auf Bio-Produkte angewiesen. Es gibt nur einige wenige ProduzentInnen der konventionellen Landwirtschaft, die GV-frei füttern und entsprechende Produkte, wie z.B. Würste oder Schinken anbieten. Weiters werden in Österreich Lebens- und Futtermittel aus Zuckerrüben, Mais, Kartoffeln oder Weizen, sowie Brot und Gebäck, Nudeln und Fruchtzubereitungen GV-frei hergestellt. 

Europa und USA

Immer mehr Staaten loben gentechnikfreie Produkte auf freiwilliger Basis aus. In Deutschland ist der „Verband Lebensmittel ohne Gentechnik“ (VLOG) sehr erfolgreich mit seinem Gütezeichen „Ohne Gentechnik“. So wird in Bayern bereits ein Drittel der Milch gentechnikfrei erzeugt, auch die Eier und Geflügelproduktion der Eigenmarken in den Supermärkten sind gentechnikfrei. Italien, Slowenien, Luxemburg und Frankreich bieten auch Gütesiegel für die GV-freie Produktion an, in Ungarn wird es ab 2017 Produkte mit dem GV-frei Zeichen auf dem Markt geben. Die Länder Belgien, Serbien und Bosnien haben Interesse an einem System zur GV-frei-Kennzeichnung bekundet. Weltweit sind die USA das Land mit dem größten Anbau von gentechnisch verändertem Soja, Mais und Raps. Immer mehr Menschen möchten auch in den USA gentechnikfreie Produkte konsumieren.  Bereits über 40.000 Erzeugnisse mit einem Marktvolumen von rund 18 Milliarden US-Dollar werden mit dem „Non GMO Project Verified“ angeboten.  Entstanden ist das „Non GMO Project“ im Umfeld von BioproduzentInnen. Seit 2016 gibt es ein Gesetz, das die verpflichtende Kennzeichnung von GVO-Produkten bei Lebensmitteln vorschreibt. Bei einer jährlichen Anbaufläche von rund 71 Millionen Hektar GV-Pflanzen ein wichtiger Schritt für die Wahlfreiheit der KonsumentInnen.

Ein Spezialfall ist Honig, der im Wesentlichen aus verschiedenen Zuckerarten sowie aus organischen Säuren, Enzymen und Pollen besteht.  Nach einem EuGH-Urteil ist Pollen eine Zutat des Honigs und nicht als natürlicher Bestandteil des Honigs eingestuft. 

Spezialfall Honig

Die EU hat aufgrund dieses Urteils in der EU-Honigverordnung klargestellt: Pollen ist ein natürlicher Bestandteil des Honigs und damit ausdrücklich keine Zutat. Damit ist Honig, der GV-Pollen enthält, auch nicht als GV-Lebensmittel zu kennzeichnen. Eine kluge Entscheidung? Je nach Betrachtungsweise. Wenn Zucker aus einer GV-Zuckerrübe gewonnen wird, ist das Produkt klar als GV-Zucker zu kennzeichnen. Wenn die Biene Zucker und Pollen aus GV-Pflanzen sammelt, dann nicht, weil dieser Zucker und Pollen als Futtermittel für die Biene gilt. Für Österreich ist diese Diskussion insofern irrelevant, als keine GV-Pflanzen angebaut werden. Eine Klarstellung im österreichischen Lebensmittelcodex wäre dennoch sinnvoll und ist bereits angedacht.