Editorial: Klimapolitische Gegenreformation
Derzeit erleben wir eine breite Rücknahme der Klima-Reformen: Das Verbrenner-Aus und das EU-Klimaziel 2040 werden verwässert. Der Klimabonus fällt weg, während zugleich die CO2-Bepreisung bleibt. Dass diese Rückschritte trotz der immer spürbareren Folgen der Erderhitzung kaum auf gesellschaftlichen Widerstand stoßen, hängt wesentlich mit der sozialen Frage zusammen. Studien belegen: Nichts untergräbt die Unterstützung für Klimapolitik so stark wie das Gefühl, dass ein ohnehin forderndes Leben durch zusätzliche Umweltmaßnahmen noch teurer und komplizierter wird – während sich Reiche den Regeln entziehen können.
Und dieser Eindruck entspricht durchaus der Wirklichkeit in Österreich. Bezieht man Kapitalanlagen und Beteiligungen an fossilen Unternehmen mit ein, sind die obersten zehn Prozent der Vermögenden für über die Hälfte der Treibhausgasemissionen verantwortlich, während die ganze untere Hälfte der Bevölkerung für nur 17 Prozent der Emissionen die Verantwortung trägt. Für den enormen CO2-Austoß ihrer Kapitalanlagen zahlen Vermögende allerdings nichts, während Ärmere nun mehr für ihre Heizkosten zahlen müssen.
Gleichzeitig trifft die Erderhitzung ausgerechnet jene am härtesten, die am wenigsten dazu beigetragen haben: Menschen in körperlich belastenden Berufen wie Bau und Pflege oder die Bewohner:innen schlecht gedämmter Wohnungen. Für sie soll und muss Klimapolitik gemacht werden, aber sie müssen in die Entscheidungen eingebunden sein und die Reformen als gerecht empfinden.
