Schwerpunkt

Verteilungsgerechtigkeit

„Es gilt, das Problembewusstsein in den tatsächlichen Umbau der Wirtschaft zu lenken“

Zunächst eine allgemeine Frage an den neuen Chef-Ökonomen der Arbeiterkammer: Welche Bedeutung muss der soziale und ökologische Umbau in Österreichs Ökonomie haben?   

Die Klimakrise und ihre Folgen spielen in Wirtschaft und Politik oft nur eine untergeordnete Rolle. Der Klimawandel wird „mitgedacht“, doch andere wirtschaftspolitische Ziele stehen im Vordergrund. Klimatische Veränderungen und Extremwetterereignisse haben allerdings große Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung, von Milliardenschäden bei Flutkatastrophen bis zu sinkender Arbeitsproduktivität in Hitzewellen. Der Umbau zu einer ökologisch nachhaltigen und sozial ausgewogenen Produktionsweise muss somit ganz oben auf der Agenda stehen. Schlussendlich gewinnen Wirtschaft und Gesellschaft viel mehr, als das Nichthandeln kostet. 

Preisliche Instrumente wie die CO2-Steuer und das jetzt in Kraft tretende ETS 2 stehen hoch im Kurs. Worin liegen die Vor- und Nachteile für die Privathaushalte in Österreich?

Grundsätzlich spricht nichts dagegen, klimaschädliches Verhalten zu verteuern, um einen Lenkungseffekt zu erzielen oder die dadurch entstehenden Kosten zu finanzieren. Eine CO2-Bepreisung macht die jahrzehntelang vernachlässigten Umweltkosten sichtbar und kann zu Anpassungen der Produktionsweise, aber auch von Konsumentscheidungen führen – etwa bei Transportmitteln oder Heizsystemen. Aber: Es braucht zugängliche ökologische Alternativen und eine soziale Abfederung der CO2-Steuer, damit die Verteuerung die Ungleichheit nicht erhöht. Ein Lenkungseffekt funktioniert nur dann, wenn Menschen andere leistbare Optionen haben.

Die Abfederung für Haushalte mit niedrigem Einkommen ist schwierig, wie sich beim Klimabonus zeigte … 

Der Klimabonus beruhte auf der richtigen Forderung nach einem sozialen Ausgleich der CO2-Bepreisung, war aber unausgegoren und budgetär zu teuer. Für Haushalte mit kleinem Einkommen stellte er zweifellos eine bedeutende Geldleistung dar, als Abfederung der CO2-Steuer wurde er jedoch selten verstanden. Eine zukünftige Kompensation müsste stärker an die Einkommen geknüpft werden und dürfte die Einnahmen aus der CO2-Steuer nicht übersteigen. Wichtig ist, jene nicht zu vergessen, die keine Möglichkeit haben, auf umweltfreundliche Alternativen umzusteigen, etwa Mieter:innen in Wohnungen mit fossilem Heizsystem. Hier ist eine geregelte Kostenteilung der anfallenden CO2-Steuer mit den Vermieter:innen unumgänglich. 

Kann die Anreizpolitik angesichts der Größe der Aufgaben überhaupt ausreichen, oder braucht es auch ordnungspolitische Maßnahmen?

Es greift zu kurz, den notwendigen ökologischen Umbau in die Hände von Marktkräften zu legen. Vielgepriesene Lenkungseffekte und Anreize können zwar helfen, haben bislang aber wenig und zu langsam gewirkt. Ordnungspolitische Maßnahmen, wie das Verbrenner-Aus, der Kohleausstieg oder Privatjet-Verbotszonen, haben das Potenzial, den Umbau schneller voranzutreiben – sofern sie gut durchdacht und sorgfältig vorbereitet sind. Jedenfalls sollte man vermeiden, Ordnungspolitik laufend zu ändern, denn dadurch verspielt man Vertrauen und die für die Transformation nötige Planungssicherheit.

Was muss geschehen, damit die Einsicht wirksam wird, dass wir die Klimakrise nur gemeinsam bewältigen können?

Es stimmt mich optimistisch, dass der Einfluss der Klimakrise auf unseren Lebensstandard im Bewusstsein der breiten Bevölkerung angekommen ist. 90 Prozent der Menschen in Österreich sehen laut Eurobarometer-Umfrage den Klimawandel als „ernstes Problem“, fast die Hälfte zählt ihn zu den wichtigsten Problemen, denen die Welt gegenübersteht. Die große Aufgabe ist es nun, das vorhandene Problembewusstsein in einen tatsächlichen sozialen und ökologischen Umbau unserer Wirtschaft zu lenken. Der AK Umbauplan zeigt, wie das möglich ist, aber es braucht die gemeinsame Anstrengung von Politik, Unternehmen und Menschen. Exorbitante Profite und ein luxuriöser Lebensstil müssen durch strenge politische Maßnahmen zurechtgewiesen werden.