Kommentar: Ein Spalt von drei Prozent
Eine verschlossene Tür steht im übertragenen Sinn für eine verpasste Chance. Öffnet sich hingegen eine Tür, so winken neue Möglichkeiten. Doch es gibt auch das Bild der Gefahr: Wenn eine Tür nur einen Spalt geöffnet wird, können wir sie vielleicht nicht mehr schließen und sind dem Übel, das durch die Tür dringt, wehrlos ausgeliefert.
Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, die Treibhausgase in der EU bis zum Jahr 2040 um 90 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 zu verringern. So weit, so gut. Doch gleichzeitig öffnet sie die Tür für sogenannte internationale Gutschriften. Im Gegensatz zu ihren bisherigen Klimazielen soll es nämlich 2040 möglich sein, drei Prozentpunkte des Reduktionsziels nicht durch Maßnahmen in der EU, sondern durch Zukauf von Zertifikaten aus Staaten außerhalb der EU zu erfüllen.
Derartige Zertifikate haben jedoch einen schlechten Ruf. Die Klimaschutzprojekte, aus denen sie stammen, bewirken viel weniger Emissionsreduktionen, als das Zertifikat verspricht. Anstatt Geld in wirksame Klimaschutz-investitionen in der EU zu stecken, dürfen sich die Mitgliedstaaten in Zukunft mit billigen, aber wirkungslosen Gutschriften freikaufen.
Die Tür ist nun einen Spalt offen. Niemand kann garantieren, dass sie nicht weiter geöffnet wird. Je weiter sie aufgeht, desto düsterer werden die Aussichten für eine klimaneutrale EU. Für das Erreichen der Pariser Klimaziele schließt sich dann die Tür für immer.