Interview: „Wir brauchen klare politische Vorgaben, um Planungssicherheit zu schaffen“
Österreich muss sparen. Viele Straßen sind in schlechtem Zustand und sanierungsbedürftig, trotzdem werden beispielsweise in Niederösterreich neue Straßen gebaut. Ist dies nicht ein Widerspruch?
Nein, denn wir setzen mit der ASFINAG auf einen Mix aus Sanierung und Neubau, da wo es nötig ist. Das ist mir wichtig, denn der österreichische Lebens- und Wirtschaftsraum ist auch auf eine moderne und zukunftsfitte Infrastruktur angewiesen. Diese Investitionen kurbeln zudem auch die Konjunktur an und sichern Arbeitsplätze. Gleichzeitig investieren wir aber auch gezielt in die E-Mobilität, denn ihr gehört die Zukunft. Bis Ende 2026 stellen wir 480 Millionen Euro etwa für den Ausbau der Ladeinfrastruktur zur Verfügung.
Der Kampf gegen die Klimaerhitzung verlangt zweifellos einen langen Atem. Gerade versucht die Autoindustrie allerdings, das geplante Verbrennerverbot ab 2035 wieder zu kippen. Wie stehen Sie dazu?
Das große Thema heißt Dekarbonisierung. Das gilt für alle Bereiche, ob im Mobilitätsbereich oder auch im Energiebereich. Mir ist es immer wichtig, klare politische Vorgaben zu machen, denn diese schaffen Planungssicherheit. Daher halte ich an dem gesteckten Ziel des Verbrennerverbots ab 2035 fest. Bei der Umsetzung ist es mir wichtig, alle Partner einzubeziehen – auch die Zulieferindustrie, die in den letzten Jahrzehnten eine beeindruckende Entwicklung gemacht hat. Wir sollten hier sehr pragmatisch an die Sache herangehen. Und das bedeutet für mich, auch einen Schwerpunkt auf Forschung zu setzen, die das Aus für Verbrennermotoren ja erst möglich macht.
Wie könnte der Marktanteil des ökologischeren Schienenverkehrs erweitert werden, zumal niedrige Maut und Dieselprivileg die Straße weiterhin so attraktiv machen?
Mit der Anpassung der Lkw-Maut setzen wir eine gezielte verkehrspolitische Maßnahme. Die Anhebung hat einen wichtigen Lenkungseffekt, da sie die preisliche Differenz von Straße zu Schiene minimiert und durch höhere Kosten für den Straßengüterverkehr Anreize schafft, Gütertransporte auf die umweltfreundlichere Variante zu verlegen. Zudem sichern wir eine verursachergerechte Finanzierung der Infrastruktur.
Die ÖBB-Rahmenpläne sind trotz Kürzungen immer noch sehr ambitioniert. Leider verzögert sich der Ausbau der Regionalbahnen, und sogar Schließungen sind geplant. Dabei könnte der ländliche Raum so recht kostengünstig attraktiver gemacht werden. Wie sehen Sie das?
Wir haben von der Vorgängerregierung einen enormen Schuldenberg geerbt. Aufgrund der angespannten budgetären Lage sind alle Ressorts aufgerufen, ihren Beitrag zum Sparen zu erbringen – das gilt auch für uns. Dennoch halten wir die Investitionen in die Schiene bewusst auf sehr hohem Niveau. Insgesamt fließen bis 2030 rund 20 Milliarden Euro in den Ausbau der Schiene. Bei den Regionalbahnen wissen wir, dass es da gewisse Schwellenwerte für die Wirtschaftlichkeit gibt. Hier könnten Alternativen, wie etwa Busse, die weiter ins Zentrum von Ballungsräumen fahren oder auch Kombinationslösungen aus Bus und Bahn zum Tragen kommen. Wir sind hier in guten Gesprächen und ich bin zuversichtlich, dass wir Lösungen finden werden, mit denen die Menschen auch leben können.
Europa militarisiert sich gerade. Wird dies Auswirkungen auf Österreichs Industriestrategie haben?
Die Neuausrichtung der EU und der Schwerpunkt auf Verteidigung zeigen sich auf vielen Ebenen. Etwa auch im Budgetvorschlag der Europäischen Kommission für die Innovationsprogramme im Mehrjährigen Finanzrahmen 2028 bis 2034. Darin werden im neuen European Competitiveness Fund vier Schlüsselbereiche definiert, die für die Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit, Sicherheit und Resilienz unabdingbar sind. Dazu zählt auch der Bereich Verteidigung, den die EU gemeinsam mit dem Weltraumsektor denkt. Diese Kernbereiche decken sich mit jenen Schlüsseltechnologien, die wir auch in meinem Ministerium definiert haben, da sie für den Standort Österreich hohe Chancen bieten. Auch wenn die Details über das EU-Budget noch offen sind: Das gemeinsame Bekenntnis zur Stärkung dieser Schlüsselbereiche und zur Bereitstellung von Fördermitteln schafft Planungssicherheit und hilft uns natürlich bei der Erarbeitung der Industriestrategie. FJ