Kommunikation
Gemeinsamer Umbau
Gewerkschaften
Welche Konflikte entstehen, wenn die Stahlproduktion klimaneutral werden soll? Lassen sich angesichts der Klimakrise noch verlässliche sozialpartnerschaftliche Lösungen finden? Und welche Folgen hat die Digitalisierung für Beschäftigte in der Baubranche? Diese und weitere Fragestellungen stehen im Mittelpunkt von „Umkämpfte Transformation“. Der neue Sammelband des Jenaer Forschungsteams um den renommierten Soziologen Klaus Dörre bündelt die Ergebnisse mehrjähriger Forschungen zu gewerkschaftlichen Transformationskonflikten. Auf einem breiten empirischen Fundament zeigen die Beiträge eindrücklich, wie Umbrüche durch die ökologische und digitale Transformation in Betrieben ausgehandelt werden. Ergänzt werden die Fallstudien durch repräsentative Umfragedaten, die überraschende Einblicke in Klassenunterschiede bei der Bewertung der Klimakrise eröffnen. So entsteht ein facettenreicher Band, der die gesellschaftlichen Bruchlinien der Transformation scharf herausarbeitet. MK
Umkämpfte Transformation
Klaus Dörre, Steffen Liebig, Kim Lucht u. a. (Hrsg.)
Campus Verlag (2025)
Wiener Start-up revolutioniert Zugreisen
Mobilität
Nach jahrelanger Kleinarbeit ist es einem Wiener Start-up gelungen, komplizierte Zugverbindungen quer durch Europa einfacher auffindbar und online buchbar zu machen. Elias Bohun, einer der Gründer des Unternehmens, reiste nach seiner Matura im Jahr 2019 innerhalb von 16 Tagen mit dem Zug von Wien nach Hanoi in Vietnam. Um solche Abenteuer ohne aufwendige Recherche zu ermöglichen, entwickelte er gemeinsam mit Matthias Schötta und Jürgen Grünberger Traivelling. Auf ihrer Website zeigt die Plattform direkt die besten Verbindungen an. Traivelling ist Vertriebspartner von Staats- und Privatbahnen in Europa und bietet auch intermodale Verbindungen an, falls auf einer gewünschten Strecke keine Züge mehr fahren. Die Plattform erhebt eine Gebühr von vier bis sieben Prozent pro Buchung. Bei Problemen steht das Team beratend zur Seite und übernimmt manuelle Buchungen, beispielsweise für Reisen in die Türkei, wo das Zugsystem noch nicht digitalisiert ist. DA
Infos unter:
www.traivelling.com/home
Ein Buch gegen das vorzeitige Sterben
Gesundheit
Den zahlreichen Selbstoptimierungsratgebern setzt Devi Lalita Sridhar, Professorin für Global Public Health an der Universität Edinburgh in Schottland, einen fachlich fundierten Kontrapunkt entgegen. In ihrem Buch „How Not to Die (Too Soon)“ zeigt sie auf, wie wichtig Gesundheits- und Sozialpolitik für unsere Lebenserwartung sind. Denn Bewegung an der frischen Luft ist nur dann gesund, wenn diese auch sauber ist. Radfahren ist nur empfehlenswert, wenn es gute Radwege gibt und man nicht von Autos überfahren wird. Folgerichtig behandelt sie in ihrem Buch zehn Faktoren für ein gesundes und langes Leben, die sehr von der jeweiligen Gesellschaftspolitik abhängen, wie beispielsweise Verkehrssicherheit, Trinkwasser, Luftqualität, medizinische Versorgung oder Waffengesetze. Ein weiterer Aspekt ist die Lebensfreude, die wiederum stark von Gleichberechtigung und Gerechtigkeit, Gemeinwesen und einem guten Bildungssystem bestimmt wird. Mit individuellen Entscheidungen würde man hier nicht weit kommen. HH
How Not to Die (Too Soon)
Devi Lalita SridharPenguin (2025) In englischer Sprache
Ökologischer Umbau
Ausstellung
Was wäre, wenn Architektur kein Werkzeug für Geschäfts- und Profitinteressen wäre? Die Ausstellung „Reichtum statt Kapital“ präsentiert die Arbeit der in Indien geborenen Architektin Anupama Kundoo als Manifest für eine andere Architektur. Mit lokalen Rohstoffen entwirft Kundoo Gebäude von außerordentlicher Schönheit, die den Bedürfnissen von Mensch und Umwelt entsprechen. Lange war Architektur eine treibende Kraft für Innovation und Wachstum, doch dabei ist sie zur Materialisierung des globalen Kapitals geworden. Weltweit werden von der Bauindustrie natürliche Ressourcen und Arbeitskräfte ausgebeutet. So entfallen 28 Prozent der globalen weltweiten CO2-Emissionen auf den Betrieb von Gebäuden und 10 Prozent auf deren Errichtung. Daraus ergeben sich 38 Prozent für die Bauwirtschaft. Dem setzt Anupama Kundoo ihr Konzept des nachhaltigen Bauens entgegen. HH
Reichtum statt Kapital – Anupama Kundoo
Architekturzentrum Wien von 18. 09. 2025 bis 16. 02. 2026
www.azw.at
Pochen Sie auf Ihr Recht!
Rückgabe
Österreich hat sich Anfang des Jahres 2025 gewandelt: Es gibt jetzt ein Einwegpfand! Die Redaktion der WUM und die AK begrüßen dies sehr und haben in den letzten Ausgaben per Artikel, WUM-o-meter und Kurzmeldung auf diese Neuerung hingewiesen. Und nun auch auf unserer Kommunikationsseite, einfach weil es wichtig ist und weil leider die Rückgabepraxis immer noch nicht reibungslos funktioniert. Deshalb hier ein wichtiger Praxistipp für den nächsten Besuch im Supermarkt: Konsument:innen haben ein gesetzlich verankertes Recht auf Rücknahme und Barauszahlung, sofern das Produkt restentleert ist und der Barcode sowie das Pfandsymbol lesbar sind. Funktioniert der Automat nicht oder erkennt er das Produkt nicht, ist eine manuelle Rücknahme verpflichtend. Leider versucht insbesondere die Handelskette REWE Group, die Annahme mit Hinweis auf defekte Rückgabeautomaten zu verweigern. Die AK Wien hat sich deshalb bereits mit einem Brief an REWE gewandt, denn die gesetzlichen Vorschriften müssen eingehalten werden und die Einführung des Pfands darf weder zulasten der Arbeitnehmer:innen noch der betroffenen Konsument:innen gehen. LW
Alles Weitere bei der Pfandrückgabe in Ihrer Nähe.
Herrschaftsfreier Umbau
Geschichte
Der Historiker der Universität Basel, Milo Probst, legte 2021 das Buch „Für einen Umweltschutz der 99%“ vor und ihm darf attestiert werden, dass er auch in seinem neuen Werk den großen Problemen unserer Zeit nicht aus dem Weg geht. In dem Band „Anarchistische Ökologien“ zeigt er auf, wie Natur und Kultur einer besonderen Dialektik unterliegen. Vereinfacht gesagt: Müssen kulturelle Errungenschaften immer mit einer Ausbeutung oder gar Zerstörung der Natur einhergehen? Oder findet sich in einer nicht-menschlichen Naturordnung sogar ein beispielgebender herrschaftsfreier Raum, den Anarchos bekanntlich so lieben? Fragen dieser Art stellten sich Anarchist:innen bereits vor 150 Jahren. Eine moderne Naturwissenschaft galt ihnen als notwendig, um die Natur vernünftig nutzen zu können, und dies muss nicht zwangsläufig zu den fatalen Hierarchien führen, die die menschliche Zivilisation so schädlich werden ließen. „Für Anarchokommunisten war die Eisenbahn“, so schreibt Milo Probst, „ein regelrechtes Fundament der Freiheit, da sie langsam vermochte die Handels- und Migrationswege von den Rauheiten des Geländes zu befreien. Dank ihr solidarisierten sich Völker, abgeschiedene Territorien wurden verbunden und erschlossen. Die durch Infrastrukturen herbeigeführte Transformation war somit sowohl gesellschaftlich als auch kosmologisch …“ Es kommt eben darauf an, wie man mit der Natur umgeht. FJ
Anarchistische Ökologien
Milo ProbstMatthes & Seitz (2024)
Die gute Nachricht zum Schluss
Ein Gericht in Den Haag hat im April 2025 ein Verbot fossiler Werbung in der Stadt bestätigt. Geklagt hatten mehrere Reiseunternehmen, die sich in ihrer Meinungs- und wirtschaftlichen Freiheit eingeschränkt sahen – erfolglos. Die Stadt hatte im Vorjahr beschlossen, Werbung im öffentlichen Raum für Flugreisen, Kreuzfahrten, Autos mit Verbrennungsmotor, Gasunternehmen und dergleichen zu untersagen. Das Gericht entschied, dass die Stadt Den Haag einen erheblichen politischen Spielraum innerhalb ihrer Grenzen für Regelungen zum Schutz des öffentlichen Interesses hat. Zudem habe die Stadtregierung ausreichend begründet, dass das Werbeverbot die Gesundheit der Bewohner:innen und Besucher:innen schützen und die negativen Auswirkungen der Klimakrise verringern könne. Das Urteil könnte Signalwirkung haben. In Graz wurde bereits ein Werbeverbot für fossile Produkte angedacht. LW